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Die Nachzüglerin

Wenn amerikanische Schriftsteller/innen eines mit Bravour beherrschen, dann sicherlich, Familiengeschichten umfänglich, empathisch und in gesellschaftliche Zusammenhänge verwoben zu erzählen. Dies gelingt auch Jean Hanff Korelitz mit ihrem aktuellen Roman „Die Nachzüglerin“ einfach hervorragend.

In einem mal lakonisch kommentierenden, mal auf den Punkt fixierten Schreibstil entfaltet Korelitz auf knapp 500 fesselnden Seiten die Geschichte der gut situierten jüdischen Unternehmerfamilie Oppenheimer im Großraum New York, ausgehend von den 70er Jahren bis in die Gegenwart. Salomon und Johannas Ehe steht von vorneherein auf einem porösen Fundament: Johanna, die ‚zweite Wahl‘, versucht von Beginn an, ihren Ehemann über ein traumatisches Erlebnis in seiner Vergangenheit hinweg zu tragen und mit der Gründung einer Familie ein schönes Zuhause zu schaffen. Doch stehen die Vorzeichen weniger gut: Wie die Eheschließung selbst wirken die Suche nach gemeinsamen Interessen sowie die Geburten der Kinder (Johanna bringt mit Hilfe des damals noch neuartigen Verfahrens der In-vitro-Fertilisation Drillinge zur Welt) allzu erzwungen. Auch ein harmonisches Familienleben will sich langfristig nicht einstellen, da Johannas Sehnsüchte (die Familie) und Salomons Leidenschaften (die Kunst) auf verschiedenen Umlaufbahnen kreisen. Als die Kinder sich schließlich nach der Schulausbildung nichts mehr herbeisehnen als ihre eigenen Wege zu gehen - und dies möglichst schnell und außer Reichweite der Geschwister - scheint der Traum einer harmonischen Familie endgültig austräumt. Bis Johanna sich des vierten Embryos besinnt, der seit nunmehr siebzehn Jahren für den Fall, dass die In-vitro-Fertilisation keine Früchte trägt und eine Leihmutterschaft zu erwägen wäre, aufgehoben worden ist… Doch kann ein viertes Kind die familiären Leerstellen füllen? Vielleicht ist es eine Frage der Perspektive, denn: Wer erzählt uns eigentlich die Geschichte der Familie Oppenheimer…?

Mit ihrem spannend und sehr intelligent konstruierten Roman gelingt es Jean Hanff Korelitz, uns jede einzelne Seite interessiert und großartig unterhalten am Leben der Familie Oppenheimer teilhaben zu lassen. Dabei nimmt ihr Erzählton der Geschichte eine allzu dramatische Schwere. Vielmehr habe ich mich nicht selten ob des trockenen Humors beim Schmunzeln ertappt. Die Figuren des Romans blieben mir dabei so nah, dass ich die letzten Seiten immer langsamer gelesen habe, um den endgültigen Abschied von der Familie noch hinauszuzögern…

Mein absoluter Lesetipp!
 

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Buchtitel: Die Nachzüglerin
Autor: Jean Hanff Korelitz
Verlag: Blessing
Preis: 24,00 €
ISBN: 9783896677655
Gelesen und empfohlen von: Patrick Lück